München/Berlin (DAV) – Erziehungsberechtigte haben bei der Selbstbeschaffung von Hilfen zur Erziehung in Form der Verwandtenpflege einen weiten Ermessensspielraum: Entscheidet das Jugendamt nicht rechtzeitig oder nicht sachgerecht über den Hilfebedarf, können Erziehungsberechtigte in solchen Fällen die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Hilfe selbst einschätzen. Das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“ informiert über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 17. Juli 2024 (AZ: M 18 K 22.1929).
Dem Urteil lag der Fall eines Mädchens zugrunde, das nach einer Inobhutnahme und stationären Unterbringung wieder bei seiner Großmutter leben wollte. Die Vormundin beantragte beim Jugendamt Hilfe zur Erziehung in Form der Verwandtenpflege. Die Verwandtenpflege wurde zunächst bewilligt, später jedoch vom Jugendamt abgelehnt, da Zweifel an der Eignung der Großmutter bestanden. Das Jugendamt hielt eine stationäre Unterbringung für erforderlich. Die Vormundin brachte das Mädchen dennoch bei der Großmutter unter und klagte erfolgreich auf Erstattung der Kosten für die selbstbeschaffte Verwandtenpflege.
Das VG München bestätigte im Verfahren, dass die Vormundin den Hilfebedarf richtig eingeschätzt habe und das Jugendamt nicht in der Lage gewesen sei, rechtzeitig eine Alternative anzubieten. Insbesondere habe es zum Zeitpunkt der Selbstbeschaffung keine alternative Unterbringungsmöglichkeit gegeben. Die Weigerung des Mädchens und der Großmutter, einer stationären Unterbringung zuzustimmen, sei unerheblich.