Frankfurt/Berlin (DAV) – Ein Kapitän gilt trotz grundsätzlich möglicher Kompensation durch Hörgeräte als berufsunfähig, wenn ihm das Tragen solcher Hilfsmittel berufsrechtlich untersagt ist. So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main am 27. März 2025 (AZ: 3 U 122/23), wie das Rechtsportal anwaltauskunft.de informiert. Das OLG verurteilte die Berufsunfähigkeitsversicherung des Mannes zur Zahlung einer monatlichen Rente. Die Entscheidung basiert auf den Vorgaben der Maritime-Medizin-Verordnung. Diese untersagt Besatzungsmitgliedern des Decksdienstes wie Kapitänen das Tragen von Hörgeräten.
Der Kläger war über Jahre hinweg als Kapitän auf einem Containerschiff tätig. Im Herbst 2019 erklärte ihn der Seeärztliche Dienst seiner Dienststelle für seedienstuntauglich. Grund hierfür war eine festgestellte beidseitige Schwerhörigkeit, die das Tragen von Hörgeräten erforderlich machte. Laut Anlage 1 zur Maritime-Medizin-Verordnung ist das Tragen von Hörhilfen bei Besatzungsmitgliedern des Decksdienstes, zu denen Kapitäne gehören, jedoch ausdrücklich untersagt.
Die private Berufsunfähigkeitsversicherung lehnte den Leistungsantrag des Kapitäns mit der Begründung ab, er könne die Einschränkung seines Hörvermögens durch Hörgeräte ausgleichen. In erster Instanz wies das Landgericht Frankfurt die Klage daher zurück.
Das Oberlandesgericht hob das erstinstanzliche Urteil jedoch auf und verurteilte die Versicherung zur Zahlung. Der Kläger sei gemäß den Bedingungen seiner Versicherung infolge eines „Kräfteverfalls“ dauerhaft berufsunfähig. Die festgestellte Schwerhörigkeit sei die Ursache für die festgestellte Seedienstuntauglichkeit, die auch durch ein medizinisches Gutachten bestätigt worden sei.
Entscheidend sei, dass der Kläger ohne Hörgerät die geforderten Hörleistungen nicht mehr erfülle und ihm das Tragen solcher Hilfsmittel rechtlich nicht erlaubt sei. Die Berufsunfähigkeit ergebe sich damit nicht aus der rein körperlichen Einschränkung, sondern auch aus dem rechtlichen Umfeld seines Berufsbildes.