Kiel/Berlin (DAV) – Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahren von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihren Mitarbeitern eine steuerfreie Inflationspauschale zu zahlen. Ein Zeitarbeitnehmer hat keinen Anspruch auf die Inflationsausgleichsprämie, wenn das Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher bereits vor den jeweiligen Abrechnungsmonaten beendet wurde. Das hat das Arbeitsgericht Kiel am 30. Juli 2024 (AZ: 1 Ca 370 e/24) entschieden, wie die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) mitteilt.
Die Klägerin war als Leiharbeitnehmerin bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt und wurde an ein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie überlassen. Nach Beendigung des Leiharbeitsverhältnisses und anschließender Übernahme durch das Kundenunternehmen verlangte sie von ihrem ehemaligen Arbeitgeber die Zahlung eines Inflationsausgleichs in Höhe von 1.000 Euro. Die Klage wurde mit der Begründung erhoben, dass die Stammbelegschaft des Kundenunternehmens eine solche Prämie erhalten habe und ihr diese aufgrund des Gleichstellungsgrundsatzes auch zustehe.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab und stellte fest, dass der Anspruch auf eine Inflationsabgeltungsprämie nach dem Tarifvertrag Inflationsausgleichsprämie für die Metall- und Elektroindustrie (TV IAP ME) voraussetzt, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Zeitarbeitgeber am letzten Tag des jeweiligen Abrechnungsmonats besteht.
Da die Klägerin bereits Ende Juli 2023 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei, könne sie keine Zahlungen für die Zeit ab Januar 2024 verlangen. Zudem sei die tarifvertragliche Regelung zum Inflationsausgleichsprämie eindeutig formuliert und sehe eine monatliche Zahlung nur für im jeweiligen Monat bestehende Arbeitsverhältnisse vor.
Das Gericht betonte außerdem, dass der Gleichstellungsgrundsatz nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz durch die Bezugnahme auf tarifliche Regelungen wirksam abgeändert wurde. Die Regelung im TV BZ ME stelle sicher, dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer in verleihfreien Zeiten Entgeltfortzahlung erhalten, wodurch eine etwaige Benachteiligung gegenüber der Stammbelegschaft ausgeglichen werde.
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Kiel hat erhebliche Auswirkungen auf die Praxis der Zeitarbeitsunternehmen und die Anwendung von Tarifverträgen im Arbeitnehmerüberlassungsrecht. Sie stellt klar, dass tarifliche Sonderzahlungen wie die Inflationsausgleichsprämie an besondere Voraussetzungen geknüpft sind und nicht automatisch nach dem Gleichstellungsgrundsatz zu gewähren sind. Gegen das Urteil wurde Berufung beim Landesarbeitsgericht Kiel eingelegt (Az. 5 Sa 222 d/24).