Berlin (DAA). Bald ist es soweit: Deutschland ist nach 1988 erneut Gastgeber der Fußball-Europameisterschaft der Herren. Vom 14. Juni bis 14. Juli 2024 lockt der sportliche Wettbewerb Fans aus ganz Europa nach Deutschland. Aber auch hierzulande ist die Begeisterung groß. Über die Grenzen der Begeisterung am Arbeitsplatz klärt das Rechtsportal anwaltauskunft.de auf und informiert über rechtliche Fragen außerhalb des Spielfelds.
Während der Arbeit: EM-Spiele anschauen?
„Sportübertragungen sind grundsätzlich ein privates Vergnügen“, stellt Rechtsanwalt Swen Walentowski, Sprecher von anwaltauskunft.de, klar. „Man muss seine Arbeitskraft zur Verfügung stellen.“ Es brauche in jedem Falle die ausdrückliche Erlaubnis des Chefs, um die EM während der Arbeitszeit zu verfolgen – ob im Fernseher oder Radio. Sonst drohe eine Abmahnung oder gegebenenfalls fristlose Kündigung.
Zumindest den Liveticker verfolgen?
Hier gelte dieselbe Regelung wie bei Radio und TV, da auch die Ablenkung dieselbe sei. „Es kommt drauf an, ob der Arbeitgeber generell die private Nutzung von Internet und E-Mail verboten hat“, erklärt Walentowski. „Ist das der Fall, dann auch während der EM.“ In vielen Betrieben sei aber eine geringfügige E-Mail- und Internetnutzung zulässig oder werde zumindest geduldet. „Diese Nutzung darf dann während der EM nicht zunehmen“, so der Sprecher. Wenn man auf dem Zahnarztstuhl sitze, möchte man auch die volle Konzentration des Zahnarztes. „Wer Bereitschaft hat, kann ungestört schauen“, betont der Rechtsanwalt. Allerdings müsse man, wenn man benötigt werde, auch arbeiten und könne nicht das Elfmeterschießen zu Ende schauen.
Anspruch auf EM-Urlaub?
Einfach mal Urlaub nehmen, weil Deutschland die Vorrunde überstanden hat? Einen unmittelbaren Anspruch auf Urlaub wegen der EM gibt es nicht. „Allerdings kann der Chef einen Urlaub nur verweigern, wenn dem Urlaub betriebliche Gründe entgegenstehen“, so Walentowski. Das sei etwa der Fall, wenn schon mehrere Kolleg:innen frei haben. So könne der Chef eines Biergartens während der EM kaum auf seine Mitarbeitenden verzichten.
Krankschreibungen für EM-Spiele sind Betrug
Sich spontan krankschreiben zu lassen, um die Fußballspiele ungestört verfolgen zu können, sei keine gute Idee, warnt der Rechtsanwalt: „Wer eine Arbeitsunfähigkeit vortäuscht, begeht einen vollendeten oder versuchten Betrug und macht sich strafbar. Der Arbeitgeber kann sofort ohne Abmahnung eine fristlose Kündigung aussprechen.“ Ist man tatsächlich erkrankt, dürfe man die Genesung nicht verzögern: „Wer beispielsweise wegen einer schweren Grippe arbeitsunfähig ist, dann aber bei heftigem Alkoholkonsum im T-Shirt beim Public-Viewing gesichtet wird, muss sich Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen“, so Walentowski.
Den Arbeitsplatz in Schwarz-Rot-Gold schmücken?
„Das kommt ganz auf den Arbeitgeber an“, gibt der Rechtsanwalt zu bedenken, „Private Dekoration ist zunächst vom Grundsatz her nicht erlaubt. Das heißt nicht, dass ein Bildchen von der Familie auf dem Schreibtisch fehlen muss, aber grundsätzlich kann der Arbeitgeber – mit dem so genannten Direktionsrecht – diktieren, was erlaubt ist.“ Er könne auch verbieten, dass EM-Deko den Arbeitsplatz schmückt. „Durch das Hausrecht bestimmt der Arbeitgeber, was ihm im Haus recht ist“, so der Sprecher. Eine Anregung hat er noch: „Man könne aber mit den Farben der bei der EM vertretenen Nationen dekorieren, von denen es im Betrieb auch Mitarbeitende gibt!“
Sind EM-Wetten im Büro erlaubt?
„Büro-Wetten sind kein unerlaubtes Glücksspiel“, erklärt Walentowski. Eine behördliche Erlaubnis müsse man dafür nicht einholen. Wer mit den Kolleginnen und Kollegen wettet, könne dies auch tun. Mit einer Einschränkung: „Man darf sich nur in den Arbeitspausen damit befassen, denn es gehört ja nicht zur Arbeitsleistung, wenn mit den Kollegen Tippspiele gemacht werden“, mahnt der Rechtsanwalt. Doch es gebe auch eine gute Nachricht: „Das Finanzamt muss sich dabei raushalten, die Gewinne sind steuerfrei.“
Alkohol: im Büro auf den Sieg der Mannschaft anstoßen?
„In der Regel darf der Arbeitgeber Alkohol im Betrieb verbieten“, erklärt Walentowski. „Dieses Verbot gilt dann auch während der Fußball-EM.“ Bei Verstoß müsse zunächst eine Abmahnung ausgesprochen werden. „Im Zweifel einfach nochmal nachfragen“, rät er. Ansonsten könne auch ein gemeinsames Schauen die Stimmung und den Zusammenhalt im Betrieb heben.
„Nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch in der Arbeitswelt sind (Spiel-) Regeln zu beachten“, fasst Sprecher Swen Walentowski zusammen.